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geboren am 9.2.1912 in Merzlich/Konz gestorben am 17.7.1956 in Aach Pastor von Aach Gegner der nationalsozialistischen Ideologie KZ Dachau |
Neun Jahre lang (von 1922 bis 1931) ist Hans Otto Tag für Tag mit dem Zug von seinem Heimatort Zewen nach Trier gefahren, etwas schüchtern, jedenfalls zurückhaltend und kritisch das Schultor des Kaiser-Wilhelm-Gymansiums durchschreitend. Die Klasse, der er angehörte, gab — jedenfalls in der Oberstufe — Grund genug zur Zurückhaltung. Sie war erst Ostern 1928 von der Parallelklasse abgetrennt worden, und diese Abtrennung war ganz deutlich zu Ungunsten der 0 II b ausgefallen: Alle protestantischen Schüler und die sehr aktive NS-Gruppe (unter Führung des späteren Gaupropagandaleiters des Gaues Koblenz) wanderten in die II b über, der auch Hans Otto zugeteilt wurde. Dennoch war er in dieser Klasse beliebt, weil er still und unentwegt seinen Weg ging. (...)
Zu Beginn des Jahres 1940 wurde er in die Seelsorge der Rückgeführten (Diasporadienst) geschickt, kehrte mit diesen im August 1940 zurück und kam an die Saar als Kaplan nach Köllerbach, wo er bis 1942 wirkte. Auf der nächsten Kaplanstelle (Weißenturm) ballten sich die dunklen Wolken bald über ihm zusammen. Es war das Jahr, in dem die verbrecherischen Taten des NS-Regimes auf die Spitze getrieben wurden und im Volke durchzusickern begannen.
Wie sein damaliger Pfarrer später berichtete, schwieg Kaplan Otto in den Jugendstunden nicht über dieses Unrecht. Er hielt das Schweigen für falsche Klugheit. Jedenfalls gelang es ihm nicht, die Gesetzlosigkeit widerspruchslos hinzunehmen, obwohl man ihm zu verstehen gegeben hatte, dass er in größter Gefahr sei.
Am 16. Februar 1943 wurde er im Auftrag der Geheimen Staatspolizei Koblenz im Pfarrhaus zu Weißenturm verhaftet und nach Koblenz in „Schutzhaft" gebracht. Dort konnten ihn seine Angehörigen noch mehrmals besuchen. Am 31. März kam er dann in das KZ Dachau. Als Gründe für die Einweisung in das Konzentrationslager wurden angegeben: Züchtigung von Kindern in der Seelsorgestunde; zwangsweise Beitreibung zum Religionsunterricht;
staatsfeindliche Gesinnung. Kehrt man die Reihenfolge dieser „Gründe" um und setzt für „staatsfeindlich" „parteifeindlich", so dürfte der richtige Tatbestand gegeben sein. Hans Otto kam in die Hölle von Dachau, weil er aus seiner Ablehnung des „Systems" keinen Hehl machte.
Über diese zwei Jahre im KZ Dachau hat er selbst später nie sprechen wollen, auch nicht im engsten Freundeskreis. „Lassen wir das, es glaubt doch keiner", pflegte er zu sagen. Er muß außerordentlich Schweres mitgemacht haben. Ein Mitgefangener berichtete von ihm, er habe körperlich und seelisch mehr gelitten als irgendein anderer der inhaftierten Priester. Immer wieder habe er sich aufgebäumt gegen das schwere Unrecht, das geschah, wobei auch der Gedanke beziehungsweise der Verdacht eine Rolle gespielt haben dürfte, man werfe ihm von draußen Unklugheit vor. Jeder, der die damalige Zeit miterlebt hat, weiß, dass kaum ein Seelsorger solche „Unklugheiten" ganz vermeiden konnte; all jene Priester, die herausgegriffen wurden, hatten keine Schuld auf sich geladen; sie wurden vielmehr wegen ihres geistlichen Standes inhaftiert: als katholische Priester, stellvertretend für die Kirche, „in odium fidei", das heißt aus Glaubenshass. Böswillig ausgelegte Worte oder Gesten waren nur äußerer Anlass. (...)
Als 1945 vor Ankunft der Amerikaner in Dachau eines Tages - es war am 9. April - eine Reihe von Namen verlesen wurde, war er so verwirrt, dass ihm ein anderer sagen musste: „Du bist aufgerufen und musst dein Bündel schnüren." Was hatte das zu bedeuten? — Nichts anderes als die Freilassung. Hans Otto hielt sich noch einige Zeit in einem süddeutschen Pfarrhaus auf, kehrte in der Fronleichnamsoktav nach Hause zurück und wurde am 9. Juli 1945 Kaplan in Waldbreitbach. Am II. April 1947 bekam er seine erste - und letzte - Pfarrstelle: Aach bei Trier.
Das Konzentrationslager hatte ihn als einen kranken Mann entlassen. (...)
Am 17. Juli 1956 ist Hans Otto gestorben.
Quelle: Münch, Maurus: Unter 2579 Priestern in Dachau, 2. Auflage, Trier 1970